Nahomi Espinoza (11 Jahre) wohnt mit ihrer Mutter und ihren drei Geschwistern im Barrio Posintepe, einem Randviertel der Stadt Granada, in einem einfachen Wellblechhaus. Als der Kurs „Kreatives Schreiben“ des Programms LOCREO (frei übersetzt: Ich glaube an mich!) in ihrer Schule vorgestellt wurde, hat sie sich direkt mit ihrer Freundin und zwei weiteren Klassenkameraden angemeldet. Von Anfang an hat ihr der Kurs sehr viel Spaß gemacht. Zuerst haben sich die Schüler gegenseitig Gedichte vorgelesen, dann haben sie gelernt wie man sich genauer ausdrückt und schließlich haben sie selber den Stift in die Hand genommen, um ihre Gedanken aufzuschreiben.
Stolz präsentiert sie ihr Gedicht „Las Flores de mi Jardín“ [„Die Blumen in meinem Garten“]:
"Las rosas son rosas, los claveles azules, las margaritas amarillas, todas son flores, pero de distintos colores. Tomé la rosa y la olí, tomé el clavel y lo olí, tomé la margarita y la olí --- Todas olían deliciosas, pero mi favoritas eran la rosas, todas hermosas. En mi jardín hay muchas de ellas, pero yo quiero la rosa. La tomé y se la entregué a mi madre. Mi madre la puso en un jarrón y nunca se marchitó y duró para toda la eternidad.”
[Die Rosen sind rosa, die Nelken sind blau, die Margeriten sind gelb, und alle sind Blumen, besonders doch jede in ihrer Art. So nahm ich die Rose und ihren Duft, die Nelke und ihren Duft, die Margerite und den ihren: alle so wunderbar, alle bezaubernd, jedoch meine liebsten das waren die Rosen. Ich brach sie und gab sie meiner Mutter. Meine Mutter gab sie in einen Krug, und sie verwelkten nicht bis ans Ende aller Zeiten.]
Nahomi erzählt, dass sie durch Gedichte besser ihre Gefühle und Gedanken ausdrücken kann. So hat sie das Gedicht "Die Blumen in meinem Garten" ihrer Mutter gewidmet und es ihr immer wieder aufgesagt.
Auf die Frage, ob sie die Welt durch Poesie nun anders sieht, antwortet sie überzeugt: „Klar, vorher kam mir alles langweiliger vor. Jetzt sind die Dinge interessanter und intensiver. Ich schreibe jetzt immer wieder Ideen auf, nicht jeden Tag, aber immer wieder.“