NicaraguaLand der tausend Seen und Vulkane

Nicaragua ist über 9.000 km von Deutschland entfernt. Das kleine zentralamerikanische Land liegt zwischen Honduras im Norden und Costa Rica im Süden. Nicaragua besitzt atemberaubende vulkanische Landschaften und ursprüngliche tropische Wälder und die Bewohner versprühen viel Lebensfreude und Herzlichkeit. Doch wiederkehrende Naturkatastrophen und eine bewegende Geschichte haben das Land vor viele Herausforderungen gestellt. Vor allem wirtschaftliche und politische Probleme spiegeln die heutige Situation wider, aber auch die Pandemie hat dem Land hart zugesetzt: Armut und Unsicherheit sind die Folgen.

Nicaragua beeindruckt mit einer vielfältigen Geographie, die von tropischen Stränden über idyllischen Inseln und Seen bis hin zu einer Vulkankette reicht, die sich parallel zur Pazifikküste erstreckt. Die faszinierende Natur verleiht Nicaragua seinen Namen: Das Land der tausend Seen und Vulkane.

Das zentralamerikanische Land erreicht mit ca. 120.000 km² ein Drittel der Größe Deutschlands. Die rund 6 Mio. Einwohner sind – trotz der größtenteils aktiven Vulkane – vorrangig im Westen angesiedelt. Etwa 1 Mio. Einwohner leben in der Hauptstadt Managua. Der Osten Nicaraguas ist bis zur Küste von Regenwald bedeckt und nur sehr spärlich bewohnt. Durch verschiedene kulturelle Einflüsse werden hier neben Spanisch auch andere Kreolsprachen gesprochen.

Die aktiven Vulkane sind zwar Naturschönheiten, sie stellen für die Bevölkerung jedoch ein großes Risiko dar. Weniger durch Ausbrüche, sondern durch Erdbeben. Nicaragua hat mehrfach in seiner Geschichte darunter gelitten, wobei das Jahr 1972 einen traurigen Höhepunkt darstellt. Ein starkes Beben zerstörte die Hauptstadt Managua nahezu vollständig. Dabei verloren unzählige Menschen ihr Zuhause und es gab viele Todesopfer.

Vor dem Erdbeben von 1972 war das Land mehrere Jahrzehnte der Diktatur der Somoza Familie ausgesetzt. Die Korruption und der darauffolgende Bürgerkrieg sowie die Revolution der Sandinisten haben die Geschichte Nicaraguas stark geprägt: Seitdem gibt es viele Versuche, die Wirtschaft Nicaraguas anzukurbeln und den Lebensstandard der Bevölkerung zu verbessern. Doch ist Nicaragua noch immer  das zweitärmste Land Zentralamerikas. Etwa jeder Dritte ist von Armut bedroht und muss mit weniger als 1 US-Dollar pro Tag auskommen.

Seit April 2018 leidet die Bevölkerung Nicaraguas erneut: Die Regierung unter dem Präsidenten Daniel Ortega und seiner Frau, der Vizepräsidentin Rosario Murillo, ist umstritten. Ausgelöst durch die Ankündigung einer Sozialreform wüteten 2018 schwere Proteste im ganzen Land und es kam monatelang zu Gewaltausbrüchen und Zerstörung. Große Unsicherheit machte sich im Land breit und die Gesellschaft ist seitdem gespaltener denn je. 2020 kam die Corona-Krise hinzu, die im Sommer 2020 viele Todesopfer forderte und die Armut im Land verschärfte. Durch ein neues Gesetz, das Anfang 2021 verabschiedet wurde, werden ausländische Nichtregierungsorganisationen stark kontrolliert. In diesem Zusammenhang meldete Amnesty International im Februar 2021: Jede Kritik an der Regierung Ortegas wird unterdrückt.

Gewalt an Mädchen und Frauen

Bekannt ist Nicaragua leider auch für die Gewalt an Mädchen und Frauen. Sie ist tief in der Gesellschaft verwurzelt. Viele gehen davon aus, dass die häusliche Gewalt gegen Frauen in der aktuellen Corona-Krise stark zunimmt. Seit Jahren fördert Pan y Arte Mädchen und Frauen durch gezielte Programme. Gemeinsam helfen wir ihnen, damit sie ihr Potenzial entfalten und ihr Leben selbstbestimmt gestalten können. Denn Entwicklung braucht Bildung und Frauen.

Aktuelle Lage in Nicaragua

Liebe Freundinnen und Freunde von Pan y Arte,

Am 19. August 2024 sind unsere beiden Partnerorganisationen „Stiftung Casa de los Tres Mundos“ und der „Deutsch-Nicaraguanische Kulturverein Bertolt Brecht“, der Trägerverein von Bibliothek und Bücherbus, per Gesetzesdekret vom Staat für aufgelöst erklärt worden. Gebäude und Inventar gehen in den Besitz des Staates über. Seit dem 23. August ist die Casa de los Tres Mundos in Granada geschlossen. Bei der Bibliothek in Managua erwarten wir die Schließung in Kürze. Der Bücherbus hat bereits seinen Betrieb eingestellt.

Wir werden unserer Projekte in Nicaragua nicht mehr weiterführen können. Diese Nachricht ist für uns alle ein Schock.

Aber wir geben nicht auf! Wir bleiben an der Seite der Menschen aus Nicaragua.

In den vergangenen zwei Jahren haben wir gemeinsam mit der NGO „Sulá Batsú“ ein Konzept kultureller Bildung für nicaraguanische Migrant:innen in Costa Rica entwickelt. In Tirrases de Curridabat im Umfeld der Hauptstadt San José leben bis zu 90 % Menschen aus Nicaragua, die das Land verlassen haben. Unterstützt durch das deutsche Auswärtige Amt ermöglichen wir bereits seit April 2024 gemeinsam mit „Sulá Batsú“ kulturelle Angebote für Kinder und Jugendliche aus nicaraguanischen Flüchtlingsfamilien.

Dieses Angebot werden wir jetzt ausbauen und uns in Zukunft auf die Arbeit mit geflüchteten Menschen aus Nicaragua in Costa Rica konzentrieren.

Unsere Arbeit hat immer wieder gezeigt: Kunst und Kultur sind überlebenswichtig und schaffen neue Perspektiven. Dietmar Schönherrs Idee, dass Kultur ein Lebensmittel im wahrsten Sinne des Wortes ist, lebt weiter und ist so aktuell wie nie. Mehr als dreißig Jahre lang haben unsere Spender:innen durch ihre Unterstützung die Kulturprogramme unserer Partner in Nicaragua und damit tausenden von Kindern und Jugendlichen die tägliche Berührung und den Umgang mit Kunst und Kultur ermöglicht.

Das bleibt!

Mit dem Schritt nach Costa Rica haben wir Weichen für die Zukunft gestellt. Wir werden uns dafür einsetzen, dass Menschen aus Nicaragua weiterhin die Chance haben, Musik, Literatur, Bildende Kunst und Theater zu erleben.

Das schaffen wir nur mit Ihnen zusammen. Bleiben Sie uns gewogen, gerade jetzt. Helfen Sie mit, dass wir weitermachen können. Bleiben Sie bei der Suche nach Wegen und Lösungen an unserer Seite. Wir bitten Sie daher: Spenden Sie weiter.

Gerne beantworten wir Ihre Fragen. Rufen Sie uns unter der  0251 – 488 20 50 an oder schreiben Sie uns.

Der diesjährige Pan y Arte Tag findet am Samstag, den 11. Oktober 2025 in Berlin statt. Melden Sie sich per E-Mail info(at)panyarte.de oder telefonisch (0251-488 20 50) an.

Bei SWR Kultur am Abend gibt unser Vorstandsvorsitzende Roberto Deimel ein Interview zur aktuellen Situation. Hören Sie das Gespräch hier.

Über viele Jahre hat Markgee García Montano als Leiterin der Deutsch-Nicaraguanischen Bibliothek, des Bücherbusses Bertolt Brecht und des Rincón de Cuentos die Leseförderung in Nicaragua aktiv mitgestaltet. Zuletzt erlebte sie politische Repressionen und die Schließung unserer Projekte. Nach einer Europareise wurde ihr im Juni 2025 vom Regime ohne Angabe von Gründen die Rückkehr in die Heimat untersagt – ein Schicksal, das viele Menschen aus der Zivilgesellschaft trifft. Für Markgee bedeutete das den Verlust ihrer Existenzgrundlage und den Weg ins Exil. Sie wird nun in Costa Rica Asyl beantragen. Doch Aufgeben kommt für sie nicht infrage – und für uns auch nicht! 

„Heute bedaure ich, dass ich mir als Bürgerin in Nicaragua aus Sicherheitsgründen eine Selbstzensur auferlegt habe. Costa Rica betrachte ich als meine Brücke, um mich meiner nicaraguanischen Community durch Bücher und Lesen zu nähern. Ich bin sehr zuversichtlich und will unbedingt etwas bewegen. Denn ich habe vom Leben gelernt, dass sich der Erfolg und die besten Erfahrungen zusammen mit Menschen sowie an Orten und unter Umständen ergeben, bei denen man dies kaum für möglich gehalten hätte.“ – Markgee García Montano 

In Costa Rica haben über 194.000 Menschen aus Nicaragua Asyl beantragt. Laut UNHCR leben 28 % in Armut, 11 % in extremer Armut. Über 63 % der nicaraguanischen Migrant*innen zwischen 18 und 35 Jahren haben keinen Sekundarschulabschluss. Auch Menschen aus Venezuela, Kolumbien, El Salvador und Haiti leben unter prekären Bedingungen. Integrative Leseförderung schafft hier neue Perspektiven.

Mit diesem Crowdfunding ermöglichen wir Markgee einen sicheren Neustart – und zugleich den Aufbau eines neuen Leseförderprojekts unter dem Dach von Sulá Batsú. Sie wird sich künftig für Migrant:innen und Menschen aus einkommensschwachen Familien engagieren. Unser Spendenaufruf ist nicht nur private Hilfe, sondern gezielte Förderung eines gemeinnützigen Projekts!

Sie können natürlich auch direkt über uns unter dem Stichwort "Exil" spenden: per Paypal oder über unsere Website (ohne Gebühren).

Wir von Pan y Arte fördern seit 30 Jahren kulturelle Bildungsprojekte in Lateinamerika – beispielsweise Aire Libre und den Rincón de Historias.

Ihre Hilfe bewirkt zweckgebunden und gemeinnützig: 

  • Unterkunft & rechtliche Begleitung für Markgee
  • Aufbau eines neuen Leseprojekts
  • Planung eines Bücherbusses

Danke für Ihre Unterstützung!

Melden Sie sich gern bei uns info(at)panyarte.de oder über panyarte.de/newsletter, für ein Dankeschön und Updates zu Markgees Weg.

Wir stehen im regelmäßigen Austausch mit den Menschen in den Projekten. Wenn Sie Fragen zur aktuellen Lage haben, rufen Sie uns gerne an.

Nicaragua im Überblick

  • Einwohner: Rund 6,4 Mio.
  • Amtssprache: Spanisch
  • Staatsform: Republik mit Präsidialsystem
  • Seit April 2018 schwere innenpolitische Krise
  • Durch die Krise und die Pandemie ist die Arbeitslosigkeit stark angestiegen und vielen Menschren droht Armut. 
  • Einkommensverteilung: Ca. 43 % der Bevölkerung leben in Armut, viele von ihnen müssen mit weniger als 1 USD pro Tag auskommen.
  • Bildung: hauptsächlich Primarschulbildung
  • Hohe Schulabbruchrate: Nur etwa 40% der Schüler besuchen die Sekundarschule.
  • Hohe Analphabetenrate: Mehr als 17% der Bevölkerung kann weder lesen noch schreiben.
  • Es gibt keine Kunst- und Musikförderung im staatlichen Bildungswesen.

Quelle: Auswärtiges Amt und GIZ

Die Situation von Frauen und Mädchen

  • 70% aller Frauen sind regelmäßig physischer oder psychischer Gewalt durch ihren Partner ausgesetzt.
  • Nicaragua hat die höchste Rate an Teenager-Schwangerschaften in Lateinamerika. Jedes vierte minderjährige Mädchen ist bereits Mutter oder schwanger. Sexueller Missbrauch gehört zu den Hauptursachen. Die Mehrzahl der Täter bleibt straffrei. Viele der betroffenen Mädchen brechen die Schule ab.
  • Die Zahl der alleinerziehenden Mütter ist hoch: in der Stadt sind 46,3% aller Frauen allein für den Lebensunterhalt der Familie verantwortlich.

Quelle: Terre des Femmes; der Standard, Human Development Report, GIZ, der Spiegel

30 Jahre Pan y Arte