Viele stellen sich sicher die Frage, warum man überhaupt für Costa Rica spenden sollte, schließlich geht es dem Land doch gut! Costa Rica wird oft als Synonym für unberührte Natur und Wohlstand in Lateinamerika bezeichnet – doch hinter diesem Bild leben viele Menschen in prekären Verhältnissen. Mehr als 20 % der Bevölkerung sind arm, 10 % leben in extremer Armut. Besonders betroffen sind Migrant:innen aus Nicaragua. Schätzungen zufolge leben knapp 1.000.000 Nicaraguaner in Costa Rica und viele von ihnen leben in unsicheren Verhältnissen ohne feste Anstellung oder Zugang zu sozialen Dienstleistungen. In diesem Umfeld gibt es wenig Raum für ihre Stimme. Sie leben am Rande der Gesellschaft. Am härtesten trifft dies die Kinder und Jugendlichen, die oftmals in einem Umfeld von Gewalt und Kriminalität aufwachsen, ohne Perspektive auf ein besseres, sicheres Leben. Unser Projekt „Aire Libre“ setzt hier an: Es bringt diese Menschen zusammen und stärkt ihr Selbstbewusstsein durch Kunst und Kultur. In einem geschützten Raum können sie sich durch Musik, Tanz und Malen ausdrücken, ihre Erfahrungen teilen und ihre Identität feiern.
Warum also für Costa Rica spenden? Weil Kultur Brücken bauen kann, wo gesellschaftliche Barrieren bestehen. Sie fördert den sozialen Zusammenhalt und gibt marginalisierten Gruppen die Chance, ihre Zukunft aktiv mitzugestalten.
"Aire Libre" (freie Luft) steht für Meinungsfreiheit und Raum zum Atmen. Das Projekt, geleitet von unserem Projektpartner Sulá Batsú in Costa Rica ist mehr als nur ein Bildungsprogramm; es ist ein lebendiger Raum der Hoffnung und der Kreativität inmitten der Herausforderungen, denen viele Menschen aus Nicaragua in Costa Rica gegenüberstehen. "Aire Libre" bietet den jungen marginalisierten Menschen eine Möglichkeit, sich zu entfalten und ihre Träume zu verwirklichen.
Aktuelle Situation in Tirrases Arriba
In Tirrases Arriba de Curridabat im Umfeld der Hauptstadt San José, nahe einer ehemaligen Mülldeponie leben bis zu 90 % Migrant:innen aus Nicaragua, ob in erster, zweiter oder dritter Generation. Unterstützt durch das deutsche Auswärtige Amt ermöglichen wir bereits seit April 2024 gemeinsam mit „Sulá Batsú“ kulturelle Angebote für Kinder und Jugendliche aus diesen nicaraguanischen Flüchtlingsfamilien.
Dieses Angebot bauen wir aus und möchten uns in Zukunft auf die Arbeit mit geflüchteten Menschen aus Nicaragua in Costa Rica konzentrieren.
Mit unserem Programm „Aire Libre“ wird nicht nur Wissen vermittelt, sondern auch das Gefühl, dass jeder Einzelne wertvoll ist und einen Beitrag leisten kann. Die Teilnehmer:innen lernen, für soziale Gerechtigkeit einzutreten und Verantwortung für sich und ihre Umwelt zu übernehmen. Sie lernen und verstehen, dass sie Teil einer größeren Gemeinschaft sind, in der jede Stimme zählt und Veränderungen möglich sind.
Gemeinschaft stärken!
Für viele Jugendliche mit Migrationshintergrund sind Hip-Hop und Rap oft mehr als nur Musik; sie sind eine Möglichkeit, ihre kulturelle Identität zu erforschen und zu festigen. Die Texte sprechen häufig Themen wie Zugehörigkeit, Identität und soziale Ungerechtigkeit an, die für diese Gruppe besonders relevant sind. Durch das Hören und Produzieren von Musik finden sie einen Raum, in dem sie ihre Stimmen hören können und ihre eigenen Geschichten erzählen. Diese künstlerische Form der Selbstdarstellung kann das Selbstbewusstsein stärken und ein Gefühl der Gemeinschaft fördern.
Zudem bietet die Hip-Hop-Kultur eine Möglichkeit, soziale Barrieren zu überwinden. In urbanen Umgebungen, in denen viele Migrant:innen leben, fördert die Musik Zusammenarbeit und Freundschaften über kulturelle und ethnische Grenzen hinweg. Rap-Battles, Tanzveranstaltungen oder Graffiti-Workshops bringen Jugendliche zusammen und schaffen ein Gefühl der Zugehörigkeit und Gemeinschaft, welches oft in anderen Bereichen des Lebens fehlt.
Die Identifikation mit den Themen im Hip-Hop kann auch einen positiven Einfluss auf das Bewusstsein für soziale und politische Probleme haben. Junge Menschen werden angeregt, über ihre Umstände nachzudenken und aktiv zu werden, sei es durch Engagement in der eigenen Gemeinschaft oder durch das Aufgreifen von Themen in ihrer eigenen Kunst.
Identitätsfindung
Insgesamt ist Hip-Hop und Rap für Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund ein wichtiges Werkzeug zur Selbstfindung und zur Auseinandersetzung mit ihrer Umwelt. Sie bieten einen Raum für Kreativität, Ausdruck und Gemeinschaft, der nicht nur zur individuellen, sondern auch zur kollektiven Identitätsbildung beiträgt.
Das Projekt im Überblick
Das Projekt Aire Libre betreut den Bezirk Tirrasas Arriba am Rande der Hauptstadt San José. Hier leben circa 80 % Nicaraguaner:innen. Der Zugang zu Kunst und Kultur ist hier kaum vorhanden. Es gibt wenig Unterstützung für Kinder und Jugendliche, die oft in prekären Situationen leben. Im Projekt unterstützen wir Kinder und Jugendliche im Alter von 9 -17 Jahren, die oft am wenigsten gehört werden und wenig Zuwendung bekommen. Die Gemeinde Curridabat unterstützt das Programm , durch Bereitstellung von Infrastruktur und mit einem Netzwerk lokaler Institutionen wie Schulen, Kindertagesstätten und weiteren Allianzen.
Projektleitung
Natalia Vargas
Angebot
- Hip-Hop (Tanz)
- Break Dance
- Rap
- Beat Maker
- Wandmalerei / Graffiti
Aktuelle Zahlen
- 200 Teilnehmende in den Workshops
- 500 Teilnehmende bei den Tagen der offenen Tür, den Gesprächen und dem Festival
- 12 Wandmalereien zur Schaffung einer Wandmalereien-Route
- 20 Lieder (mit Rap und Beats, die von den Teilnehmenden erstellt wurden)
- 2 Breakdance-Shows
- Alle Aktivitäten mit einem Mindestanteil von 50 % Mädchen- und Frauenbeteiligung
In Planung / Aktionen:
- Leseförderung
- Rincón de Historias
- Schreib- und Leseworkshop
- Bücherbus
Ziele:
- Integration nicaraguanischer Migrant:innen in Costa Rica
- Aufwertung der nicaraguanischen Identität
- Abbau geschlechtsspezifischer Gewalt
- Aufbau einer Kultur des Friedens und der gewaltfreien Kommunikation
- Zugang zu kulturellen Angeboten, Leseförderung und Wissensvermittlung
- Schaffung sicherer Räume für Kinder und Jugendliche, die in einem von Gewalt geprägten Umfeld leben
„Aire libre ist Hip-Hop, Tanz, Musik, Wandmalerei, die Möglichkeit, alles, was ich fühle, was ich lebe, was ich vorschlage, durch Kunst frei auszudrücken. In Mittelamerika gibt es nur sehr wenige oder gar keine Räume, in denen junge Menschen frei sein können, ohne verurteilt zu werden oder ohne dass man ihnen ihre Lebensweise aufzwingt.“